"Heimatlose Rechte"

Die "Konservative Revolution" in der Bundesrepublik

Bearbeiter
Dr. Maik Tändler

Kurzbeschreibung

Das Forschungsvorhaben befasst sich mit dem Fortleben der „Konservativen Revo­lution“ in der Bundesrepublik. Anhand einer größeren, in der Tradition des Weimarer Radikalkonservatismus stehenden Akteursgruppe aus dem akademischen und dem journalistisch-publizistischen Bereich sollen Formierung, Wandlung und Wirkung einer politisch-intellektuellen Strömung untersucht werden, die einer ihrer zentralen Prota­gonisten, Armin Mohler, als „heimatlose Rechte“ bezeichnet hat. Die Metapher der Heimatlosigkeit stellt einerseits ein Element der häufig mythisierenden Selbs­tstilisierung einer marginalisierten intellektuellen Rechten dar, verweist andererseits hinsichtlich ihrer nur schwach ausgeprägten organisatorischen Strukturen und der stets prekären politi­schen Koalitionsfähigkeit aber auch auf einen realen Sachverhalt. Damit sind zugleich die zwei Untersuchungsperspektiven benannt, die im Vorhaben zusam­men­geführt werden sollen und gleichsam das Koordinaten­system einer historischen Ortsbe­stim­mung aufspannen: Zum einen geht es um die Selbst­wahrnehmung und Habitusfor­mierung der intellektuellen Rechten unter den Bedingungen der als „Fremdherr­schaft“ empfundenen liberalen Demokratie, zum anderen um ihre diffuse und sich verändernde Positionierung im größeren politisch-intellektuellen Entwicklungs­zusammen­hang der Bundesrepublik, insbesondere im Verhältnis zum etablierten bürgerlich-konservativen Lager.

Auf Grundlage der Rekonstruktion ihrer Netzwerke und ihrer internen Selbst­ver­ständigungsdiskurse sollen die wiederkehrenden publizistischen und politischen Sammlungs- und Mobilisierungs­versuche der „heimatlosen Rechten“ bis in die 1990er Jahre untersucht werden. Die Gelegenheiten für solche Versuche wie auch ihre Erfolge und Misserfolge lassen sich, so die leitende These, nicht einfach aus den Ideen und Absichten der Akteure ableiten. Vielmehr gilt es, in Form einer integrativen Analyse auch die strukturellen und situativen Interventions­bedingungen einer sich wandelnden politischen Öffentlichkeit zu berücksichtigen: Sie gaben den Diskurs- und Handlungs­spiel­raum vor und eröffneten Opportunitätsfenster, auf die die intellektuelle Rechte mit ideologischen und taktischen Anpassungen reagieren musste. Das Vorhaben leistet einen Beitrag zur politischen Intellectual History der Bundesrepublik sowie – im Sinne einer „Problem­geschichte der Gegenwart“ (Hans Günter Hockerts) – zur Genealogie der heutigen „Neuen Rechten“, womit zugleich eine Differenzierung des bundesrepubli­kanischen Liberalisierungsnarrativs angestrebt wird.