Prof. Dr. Moshe Zimmermann
(Jerusalem)
Moshe Zimmermann wurde 1943 in Jerusalem geboren, wo er nach Abitur und Militärdienst Geschichte und Politikwissenschaft an der Hebräischen Universität studierte. Im Herbst 1972 kam er als DAAD-Stipendiat nach Hamburg, in die Heimatstadt seiner Eltern: 1937 waren sie vor den Verfolgungen der Nationalsozialisten nach Palästina geflohen. In den Archiven der Hansestadt fand Zimmermann Material für eine Studie, mit der er 1977 bei Jacob Talmon promovierte: Hamburgischer Patriotismus und deutscher Nationalismus. Die Emanzipation der Juden in Hamburg 1830-1865. Seither unterrichtete er selbst an seiner Alma mater in Jerusalem, zunächst als Lecturer, später als Professor, und war von 1986 bis zu seiner Emeritierung 2012 Direktor des dortigen Richard-Koebner-Zentrums für Deutsche Geschichte.
Professor Zimmermann ist einer der renommiertesten Experten für die Geschichte des Nationalismus, des Antisemitismus sowie der deutsch-jüdischen und deutsch-israelischen Beziehungen. Nach der Biographie von Wilhelm Marr – The Patriarch of Antisemitism (1982) verfasste er in den achtziger Jahren als Mitglied der deutsch-israelischen Schulbuchkonferenz eine Vielzahl von Lehrwerken für den Geschichtsunterricht an israelischen Schulen. Einem breiten deutschen Publikum wurde er spätestens durch die vielfach wiederaufgelegte Überblicksdarstellung Die deutschen Juden 1914-1945 (München 1997) bekannt, aber auch durch seine kritischen Analysen der israelischen Politik und Gesellschaft, darunter Wende in Israel. Zwischen Nation und Religion (Berlin 1996), Goliaths Falle. Israelis und Palästinenser im Würgegriff (Berlin 2004) und zuletzt Die Angst vor dem Frieden. Israels Dilemma (Berlin 2010).
Mit seinem vielbeachteten Buch über Deutsche gegen Deutsche. Das Schicksal der Juden im 2. Weltkrieg (Berlin 2008) schloss er eine Forschungslücke zur Geschichte der deutschen Juden von 1938 bis 1945. Zimmermann gehörte der 2005 berufenen Unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Auswärtigen Amtes an und veröffentlichte die Ergebnisse des Projektes gemeinsam mit Eckart Conze, Norbert Frei und Peter Hayes in der Studie Das Amt und die Vergangenheit. Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik (München 2010).
Gastprofessuren führten Moshe Zimmermann viele Male nach Deutschland, aber auch an das Institute for Advanced Study in Princeton und an die Universität Krakau. Für seine Forschungen wurde er mehrfach ausgezeichnet: 1990 mit dem Rudolf-Küstermeier-Preis der israelisch-deutschen Gesellschaft, 1993 mit dem Humboldt-Forschungspreis, 1997 mit dem Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Preis des DAAD, 2002 mit dem Dr.-Leopold-Lucas-Preis der Universität Tübingen und 2006 mit dem Lessing-Preis für Kritik der Akademie Wolfenbüttel.
Auch als Fußballexperte hat sich Professor Zimmermann einen Namen gemacht: Er spielt begeistert in einer Seniorenmannschaft der Universität Jerusalem und wird als bekennender Anhänger des HSV von deutschen Medien regelmäßig zu Geschichte und Gegenwart des Fußballs befragt. Die Sportgeschichte des 20. Jahrhunderts ist daher auch eines der Themen seiner Seminartage in der Doktorandenschule des Jena Center – zumal die Fußballweltmeisterschaft in die Zeit seiner Gastprofessur fällt. Neben der Frage Was bedeutet „deutsch-jüdisch“ seit 1945? steht mit der Filmgeschichte der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus ein weiterer Forschungsschwerpunkt von Professor Zimmermann im Fokus der Seminartage.
Am Mittwoch, den 7. Mai 2014 hielt Prof. Dr. Moshe Zimmermann einen öffentlichen Vortrag zum Thema Auch eine Urkatastrophe. Der Erste Weltkrieg in der jüdischen Geschichte in den Rosensälen der Friedrich-Schiller-Universität.